Zum Internationalen Frauentag

100 Jahre Frauen im Parlament

Seit 1911 wird der Internationale Frauentag jährlich begangen. 1921 wurde dann einheitlich der 8. März zum Internationalen Frauentag ausgerufen. Von Anfang an ging es um das Anliegen, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern herzustellen. Durch den Einsatz couragierter Frauen ist es gelungen, dass im Jahr 1918 das „allgemeine und gleiche Frauenwahlrecht“ eingeführt wurde.

Am 4. März 1919 fand die erste Sitzung der Konstituierenden Nationalversammlung statt. Unter den neugewählten Parlamentariern zogen auch die ersten acht weiblichen Abgeordneten ins Parlament ein: Dr. Hildegard Burjan für die Christlichsoziale Partei sowie Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel und Maria Tusch für die Sozialdemokratische Partei.

Ein langer und mühevoller Weg musste zurückgelegt werden, bis diese 8 Frauen ihren Sitz in der Konstituierenden Nationalversammlung antreten konnten.

Der Ausgangspunkt für den Kampf um gesellschaftliche Frauenrechte lag im Revolutionsjahr 1848. Erstmals wurden im Zuge der bürgerlich-demokratischen revolutionären Bewegung auch Stimmen von unzufriedenen Frauen laut. Die Frauen gingen gemeinsam mit den Männern auf die Straße und forderten auch für sich bessere Arbeitsbedingungen sowie demokratische Grundrechte ein. In dieser Aufbruchstimmung von 1848 gründete sich der erste „Wiener demokratische Frauenverein“, der den Beginn der Frauenbewegung in Österreich markierte. Zu dessen Forderungen gehörte u.a. der Zugang zu Bildung. Die Aktivitäten des Vereins waren jedoch nur kurz, da nach der Niederschlagung der bürgerlichen Revolution das Kriegsrecht verhängt wurde und alle Vereine, die sich im Zuge der Revolution gegründet hatten, wieder aufgelöst wurden.

Die Revolution des Jahres 1848 wurzelte nicht nur in der Unterdrückung jeder Freiheitsregung und den Polizeistaatmethoden, sondern ebenso in den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen. Bittere Not war das Los der großen Mehrheit der Bauern. Arbeitslosigkeit, Teuerung und Wohnungsnot kennzeichneten das Leben der ArbeiterInnen. Unter diesen Umständen war auch die Lage der Handwerker und der Gewerbetreibenden schwierig. Die Lösung der wirtschaftlichen Probleme stellte die schwierigste Aufgabe nach dem vorüber-gehenden Sieg der Revolution im März 1848 dar. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wurden z.B. „Notstandsarbeiten“ organisiert. Den größten Umfang hatten dabei Erdarbeiten im Prater. Für zwölf Stunden Arbeit erhielten Kinder 15 und Erwachsene 20 Kreuzer. Davon konnte sich ein Mensch zwei Tage lang ermähren.

Am 19. August wurde der ohnedies niedrige Tageslohn für die zahlreichen Frauen und Kinder unter den Erdarbeitern um 5 Kreuzer gesenkt. An den folgenden Tagen demonstrierten Arbeiter gegen diese Kürzung, und am 21. August 1848 kam es zu einer Frauendemonstration durch die Wiener Innenstadt, der ersten Frauenkundgebung in Österreich. Als am 23. August 1848 eine weitere Demonstration durch den Prater zog, griff die kaiserliche Nationalgarde zu den Waffen. Die Arbeiter wehrten sich mit Holzprügeln und Steinen. Das Resultat der soge-nannten „Praterschlacht“ waren 18 tote Arbeiter, 4 tote Soldaten und 282 Verwundete, darunter viele Frauen.

1866 demonstrierten Tausende für ein Vereins- und Versammlungsrecht. Laut § 30 im Vereinsgesetz war „Frauenpersonen“ behördlich in Österreich die Mitgliedschaft in politischen Vereinen verboten. 1893 wurde der erste größere Frauenstreik in Wien unter der Führung von Ryba Seidel erfolgreich durchgeführt. Die wachsende Arbeitslosigkeit in den 1890er Jahren führte zu den ersten ArbeiterInnenversammlungen, in denen Frauen als Rednerinnen auf-traten. Von der Polizei wurden sie mit Gefängnisstrafen bedroht und als „liederliche Dirnen“ bezeichnet. Am 12. Mai 1899 traten 1.200 österreichische TextilarbeiterInnen, darunter 60 Prozent Frauen und Mädchen, zur Durchsetzung des 10-Stundentages in den Streik (Volksstimme, 5.3.1998).

Auf der 2. Internationalen sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen wurde auf Initiative von Clara Zetkin, Käthe Duncker und u.a. der Österreicherin Luise Zierz beschlossen, an einem bestimmten Tag im März in allen Ländern einen internationalen Frauentag abzuhalten. Am 19.3.1911 gehörte Österreich neben Deutschland, der Schweiz, Dänemark und den USA zu den ersten Ländern, die den Internationalen Frauentag eindrucksvoll begingen. „Die Versammlungen und Gewerkschaftslokale sind in Wien derart überfüllt, dass Kundgebungen auf die Straße verlegt werden. 20.000 Frauen demonstrieren über die Wiener Ringstraße.“ (Volksstimme, 5.3.1998). 1921 wurde dann der 8. März als einheitliches Datum für den Internationalen Frauentag festgesetzt.

Am 12.11.1918 war es dann endlich soweit: Das „allgemeine, gleiche, direkte und geheime Stimmrecht aller Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechts“ wurde im österreichischen Parlament beschlossen. Im Jahr darauf, am 16.2.1919, war es österreichischen Frauen dann erstmals möglich, bei parlamentarischen Wahlen abzustimmen. Die Wahlbeteiligung war sehr hoch, sie betrug 82 % bei den Frauen und 87 % bei den Männern. 142 Frauen standen als Kandidatinnen auf den Listen der Parteien, allerdings die meisten auf völlig aussichtslosen Positionen.

Erste Bundesrätinnen wurden im Dezember 1920 Marie Bock (Sozialdemokratische Partei), Fanny Starhemberg und Berta Pichl (beide Christlichsoziale Partei). 1927 wurde Olga Rudel-Zeynek (Christlichsoziale Partei) die erste Präsidentin des Bundesrates und damit weltweit erste Frau in der Führung einer parlamentarischen Körperschaft.

Erst in der Zweiten Republik war die Kommunistin Hella Postranecky die erste Frau in Österreich in einer Regierung. Sie übernahm in der Provisorischen Regierung Renner von April bis Dezember 1945 das Amt einer Unterstaatssekretärin für Volksernährung.

1979 wurde Johanna Dohnal (SPÖ) die erste Frauenstaatssekretärin und 1990 erste Frauen-ministerin.

Die erste Frau im Präsidium des Nationalrates war Dr. Marga Hubinek (ÖVP), die 1986 bis 1990 die Funktion der Zweiten Präsidentin innehatte. Ebenso parlamentarische Frauengeschichte schrieb Nationalratspräsidentin Mag. Barbara Prammer (SPÖ), die von 2006 bis August 2014 als erste Frau an der Spitze des Nationalrates tätig war.

In den letzten Jahrzehnten wurde viel erreicht, aber von einer völligen Gleichstellung sind wir noch immer entfernt. Das Thema „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ hat auch noch nach mehr als 100 Jahren nichts an Aktualität verloren. Es muss endlich umgesetzt werden, dass Frauenarbeit gleich viel wert wie Männerarbeit und unbezahlte Arbeit nicht automatisch Sache von Frauen ist.

Wir wollen in einer Welt leben, in der Frauen selbstverständlich und in allen Bereichen von Gesellschaft und Politik mitentscheiden. Damit diese Welt mehr zu unserer wird. Setzen wir gemeinsam ein Signal für Frauenrechte! Eine andere Welt ist möglich!

Mehr zur Geschichte des Internationalen Frauentages:

Irma Schwager zu 100 Jahre Frauentag